Die expansive Geldpolitik treibt die Target2 Salden und
Investitionen am Aktienmarkt
Von Frank Westermann
Als der Chinese Li Shufu Großaktionär bei Daimler Benz wurde war
die Kritik überraschend scharf, denn eine internationale Streuung der
Portfolios bringt in der Regel eine Wohlfahrtsverbesserung für beide
Seiten mit sich. In den jüngsten Übernahmen spiegeln jedoch nicht nur
privatwirtschaftliche Entscheidungen - sondern auch die Geldpolitik der
EZB.
Der „Home-bias“, also die Verzerrung der Portfolios zugunsten
inländischer Aktien, zählt zu den großen unerklärten Rätseln der
internationalen Makroökonomik. Das Risiko von Kurseinbrüchen ließe sich
z.B. erheblich senken, wenn die Anleger ihr Kapital international breiter
streuen würden. Die zentrale Frage die man sich bei der Bewertung der
zunehmenden Investitionen aus China und anderen Ländern stellen muss, ist
woher dieses Geld eigentlich kommt und wie die Investitionsentscheidungen
begründet sind.
In den letzten Jahren war die Übernahme deutscher Firmen nicht
nur eine bewusste Portfolio Entscheidung der Märkte, sondern eher eine
Folge der expansiven Geldpolitik der EZB. Durch das Anleihekaufprogram
Quantitative Easing wurden zuletzt monatlich für 30 MRD Euro Wertpapiere
gekauft. Insgesamt wurden ca. 2.5 Billionen Euro Liquidität geschaffen und
dieses Geld steht den Anlegern nun für alternative
Investitionsmöglichkeiten zur Verfügung. Als Nebenwirkung der QE
Politik Endstand so eine ungewöhnlich hohe Überschussreserve der
Privatbanken bei den Notenbanken und ein erheblicher Anstieg der
TARGET2-Salden, die Netto-Kapitalströme im Eurowährungsgebiet messen und
als zentraler Krisenindikator gelten.
Im ersten Schritt kauften die Notenbanken des Eurosystems z.B.
Wertpapiere bei den großen Vermögensverwalten in London, die weltweites
Kapital in Europäischen Staatspapieren angelegt hatten. Diese
Vermögensverwalter, bzw. deren Kunden, hatten ihre Konten dann häufig in
Frankfurt und die Bundesbank hatte die Aufgabe das Geld auf dem
Reservekonto des Verkäufers zu kreditieren. Die Notenbanken der
Krisenländer Europas bekamen so Forderungen gegenüber den emittierenden
Staaten, und die Bundesbank Verbindlichkeiten gegenüber privaten Banken.
Zum Ausgleich stiegen die Target2 Salden - Forderungen in
Deutschland und Verbindlichkeiten in den Krisenländern. Bis zum Ende des
QE-Programms stiegen die Target-Forderungen der Bundesbankbank auf mehr
als 900 Mrd. Euro.
Das EZB-Geld auf den Reservekonten zu belassen ist aus Sicht der
Anleger bei negativ-Zinsen von -0.4% allerdings denkbar unattraktiv. Bei
Daimler Benz Großaktionär zu werden, oder Immobilien in Berlin zu
erwerben, erweist sich offenbar für einige als die bessere Alternative.
Langfristig überzeugende Gewinnaussichten deutscher Firmen ist hingegen
wohl kaum das Hauptmotiv. Die Gesamte Marktkapitalisierung des DAX liegt
bei ca. 1,2 Billionen Euro. 55% davon gehören aktuell ausländischen
Investoren. Die über das QE-Programm nach Deutschland geflossenen Mittel
hätte den investitionsboom also auch noch deutlich höher ausfallen lassen
können.
Bedenklich daran ist folgendes: Sollte der Euro
auseinanderbrechen, bleiben die internationalen Investoren Eigentümer
ihrer Portfolios; Die Bundesbank bleibt auf den Target2 Forderungen aber
möglicherweise sitzen. Und wenn nicht, dann würden in den Krisenländern
aus Target-Verbindlichkeiten echte Staatsschulden. Das Konfliktpotential
dieser Konstellation ist der Hintergrund der kontrovers geführten Debatte
um die TARGET2 Salden in den letzten Jahren. Eine periodische Tilgung der
Salden – ähnlich zu den ISA-Accounts der Federal Reserve Bank in den USA –
wäre ein aus beiden Perspektiven sinnvoller Reformvorschlag für das
Eurosystem.